Autoverkehr und Sonnenenergie



CAR SPOTTING

Zahl der Autos

Nun bleibt noch die Frage, wie viele Kraftfahrzeuge gibt es in Deutschland? Naiv wie ich bin, glaubte ich, dass nur jeder Vierte eines besitzt, aber es sind viel mehr ...


Angenommen, 25 % der Gesamtbevölkerung Deutschlands im Jahr 2010 von 81,5 Mio. Menschen (Statistisches Bundesamt) kommen wegen ihres Alters (zu jung oder zu alt) oder aus gesundheitlichen Gründen für das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht in Frage. Dann verbleiben 61 Mio. potentielle Autofahrer. - Diesen stehen tatsächlich knapp 50 Mio. Motorfahrzeuge gegenüber!





Infrastruktur für Autos, nicht für Menschen.



Laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in seiner aktuellen Statistik "Bestand an Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern am 1. Januar 2012 nach Bundesländern und Fahrzeugklassen absolut" gibt es in Deutschland 43 Mio. PKW, 2,7 Mio. LKW (inkl. Sattelzugmaschinen), 1,8 Mio. landwirtschaftliche Zugmaschinen und 76000 Kraftomnibusse, die infolge der allgemeinen Motorisierung die meiste Zeit nur leer herumfahren.


Abgesehen von der hier schon beklagten Abwrackprämie, die nur den Bestand sichern sollte, war es gerade Anfang der 90er Jahre zu einem enormen Verkaufsboom gekommen, als überall in den Medien der Umweltschutz diskutiert wurde. Von 1991 bis 1996 vergrößerte sich der Fuhrpark um 10 Mio. von 30,5 Mio. auf 40,5 Mio. PKW (Stat. BA: Datenreport 1997, Bonn.).
Begründen konnte man die Neuanschaffung damit, dass man sich nun ein schadstoffreduziertes Auto kaufen müsse, aber auch der Nachholbedarf in den Neuen Bundesländern als bisher unerschlossenem Markt spielte sicher eine große Rolle.


Zum Vergleich - zur Zeit der Fertigstellung der ersten deutschen Autobahn (August 1932) zwischen Köln und Bonn gab es in Deutschland nur 500000 PKW und 150000 LKW (Stiftung Deutsches Historisches Museum).


Den mit Abstand größten Fahrzeugbestand besitzen erwartungsgemäß die bevölkerungsreichen Länder NRW, Bayern und Baden-Württemberg. In NRW fahren 21 % der PKW, 20 % der LKW und 20 % der Motorräder Deutschlands; in Bayern fahren 16,5 % der PKW, 14 % der LKW und ein überdurchschnittlich hoher Anteil von 20 % der Motorräder.


Bayern hebt sich außerdem durch seine führende Rolle beim Besitz landwirtschaftlicher Zugmaschinen ab; mit fast 600000 Traktoren befindet sich ungefähr jeder dritte Trecker in bayrischer Hand!
Andere Flächenstaaten wie Brandenburg (35000 Traktoren) und Mecklenburg-Vorpommern (25000 Traktoren) sind in dieser Hinsicht arm dran.


... und weltweit ?

Schon am 24.01.2008 meldete "Auto-BILD" mit Verweis auf Informationen des Marktforschungsunternehmens Polk Marketing Systems, dass 2010 voraussichtlich weltweit etwa eine Milliarde Autos unterwegs sein würden. Bis 2015 sollte der Bestand auf knapp 1,2 Milliarden klettern, wobei der asiatische Automarkt, sprich China, mit 43 % Zuwachs die "treibende Kraft" sein werde.


Die internationale Diskussion des Klimawandels trifft unglücklicherweise mit einem Boom des Autohandels auf bisher unerschlossenen Märkten zusammen; - niemand denkt daran, diesen zu drosseln.

1950 fuhren noch 75 % aller Autos weltweit in den USA, 1985 waren es nur noch 35 % und heute wird es lediglich etwa jedes fünfte sein.

Die weltweit ungehemmt zunehmende Nutzung des Automobils betrifft nicht nur die Sprit-Vorräte der Zukunft, sondern auch die Heizöl-Vorräte der Zukunft.




Energiebilanz Autoverkehr

Der photovoltaische Flächenbedarf für den Betrieb des deutschen Fuhrparks würde sich also auf 50 Mio. Fahrzeuge multipliziert mit 500 m² Kollektorfläche belaufen. Das sind 25 Milliarden m² oder 25000 km² Kollektorflächen bei einer Gesamtfläche von 357000 km².

Hierbei ist also der ständige Energiebedarf für Fahrzeug-Herstellung und die Verkehrs-Infrastruktur noch gar nicht enthalten. Außerdem gibt es noch weitere wichtige Aktivitäten, die Energie verbrauchen, nicht nur das Autofahren.

Ein Schwachpunkt meines Rechenweges ist, dass die maximale Leistung des Autos nicht permanent aufrecht erhalten werden muss. Man käme dann vielleicht auch mit einer Kollektorfläche von 15000 km² aus.

Bei diesen Größenordnungen und unter Berücksichtigung des gesamten Energiebedarfs muss man sich fragen, ob das Anzapfen der Sonnenenergie nicht ebensolche Auswirkungen auf das Klima haben könnte wie die Verbrennung fossiler Energie. Ein kleiner Teil würde zwar auch hier als Abwärme in den Klimahaushalt zurückfließen, sehr viel Sonnenenergie würde aber für die Fortbewegung verbraucht werden und beispielsweise biologischen Systemen fehlen ...


Die technische Ausbeutung der Solarenergie darf nicht in flächenmäßige Konkurrenz zu biologischen Systemen und der Landwirtschaft treten.





Unter diesem Gesichtpunkt sollten auch andere Wirtschaftszweige wie der Flugverkehr eingeschränkt werden. Eine Raumfahrt wäre aber vielleicht mit Sonnenenergie möglich, denn schließlich wurden Solarkollektoren zuerst für Satelliten entwickelt ...



Auf jeden Fall wäre der Autoverkehr derjenige Bereich, durch dessen radikale Beschränkung man am wirkungsvollsten (Sonnen-)Energie einsparen könnte.

Doch ergibt sich ein schwerwiegendes Problem daraus, dass es das politische und industrielle Establishment mit dem Wohlstand Deutschlands sehr ernst nimmt. Und dieser beruht zu einem sehr großen Anteil auf dem Export von Autos und Maschinen, die einen sehr bedeutenden Teil des Exportvolumens ausmachen.

Daher wird Autofahren sicher noch lange (und bis zum bitteren Ende) als besondere kulturelle Leistung und humanitäre Notwendigkeit dargestellt werden, die es gilt, in alle Welt zu exportieren.
Die Notwendigkeit und gleichzeitige angebliche Unmöglichkeit des Klimaschutzes wird infolgedessen nur als Lippenbekenntnis beschrieen.


Dieser Widerspruch manifestiert sich auch in der politischen Blockbildung Rot-Grün, die möglicherweise dann kontraproduktiv und ohne praktisches Ergebnis arbeiten wird, wenn der Erhalt privilegierter Arbeitsplätze in der Autoindustrie auf Kosten der Zukunft der Menschheit bei der SPD als der größeren Partei ebenso wie bei großen Teilen der Wählerschaft zentrales Dogma bleibt.

Ich persönlich würde es demgegenüber sehr begrüßen, wenn das gesellschaftliche Kollektiv einen großen Teil unserer Industrie-Angestellten und die Dienstleister des Autokultes arbeitslos machen würde.



Alternative Rechenwege

Wie schon erwähnt wurde, wird die Leistung von Solarzellen pro Jahr mit mindestens 100 kWh/ m² angegeben.

Aus einem Lehrbuch für Umweltschutz weiß ich, dass 1 l Benzin 10 kWh Strom entsprechen; zwar konnte ich diese Angabe nirgendwo verifizieren (1 kg Benzin soll 12 kWh bringen - Benzin ist ja leichter als Wasser), doch würde dies bedeuten, dass man mit Photovoltaik jährlich etwa 10 l Benzin pro Quadratmeter erzeugen kann.


Mit diesen Größen könnte man also rechnerisch ebenfalls zum photovoltaischen Flächenbedarf fürs Auto gelangen.


Im "Auto-Knigge" des KATALYSE-Instituts (Auflage von 1990) heißt es, Herstellung und Verschrottung eines PKW erfordern 45000 kWh. Für jeden gefahrenen Kilometer werden hier 0,5 kWh angesetzt, bei einer Laufleistung von 120000 km also insgesamt 60000 kWh.
In diesem Taschenbuch wird die Anschaffung eines Autos mit Katalysator als revolutionäre Tat verkauft. Dort heißt es auch, nur 25 % des verbrauchten Benzins werde in Fortbewegung umgesetzt. Hinzu kommt der gewichtsmäßig hohe und unnötige Einsatz von Blech (Einbrecherschutz?) ...

Mir ist nichts darüber bekannt, dass die Autoproduktion oder die Autotypen seitdem substantiell energiesparender geworden wären, deshalb übertrage ich die Faustzahl von 100000 kWh pro Auto auf die heutigen Verhältnisse.

Nach dieser Rechnung würde man immerhin 1000 m² Solarzellen für Herstellung und Betrieb eines Autos benötigen; weil sich diese Fläche aber über eine Laufzeit von mindestens 6 Jahren verteilt, scheinen mir die KATALYSE-Angaben nicht besonders reell zu sein; vielleicht gehen sie von einem Benzin-Verbrauch von 5 Litern auf 100 km aus.

Schon wenn man von einem Benzinverbrauch von 7,5 l auf 100 km ausgeht, käme man leicht auf einen Energiebedarf von 150000 kWh für unsere 50 Mio. Kraftfahrzeuge. Und wenn man der Einfachheit halber eine Laufzeit von 7,5 Jahren annimmt, auf einen photovoltaischen Flächenbedarf von 200 m².

Der gesamte Kraftverkehr Deutschlands würde nach diesen Vorgaben nur 10000 km² an Solaranlagen erfordern, wobei die Produktion bereits miteinbezogen wäre.





Schlappes Verkehrsaufkommen wegen der Ferien (Bertha-von-Suttner-Platz in Bonn).



Deutschland verbrauchte 2010 etwa 106 Mio. t Erdöl bei einem Weltverbrauch von knapp 4 Mrd. t Erdöl!

Hier ist die Rechnung ganz einfach: wenn auf jedem Quadratmeter durch Photovoltaik jährlich etwa Ersatz für 10 l Benzin produziert werden kann, braucht man bei einem globalen Jahresverbrauch von 4 Billiarden Litern 400 Mrd. Quadratmeter Solarzellen, also eine Fläche von 400000 Quadratkilometern.

Deutschland benötigte für seinen Verbrauch an Kraftstoff folglich nur 10000 km², deutlich weniger als nach meiner von der Käferleistung ausgehenden Extrapolation. Außerdem sind vom Gesamtverbrauch des Erdöls noch 30 - 40 % abzuziehen, die anderweitig verwendet werden.



Eberhard Waffenschmidt glaubt deshalb, dass "der gesamte heutige Endenergieverbrauch" Deutschlands mit Photovoltaik auf einer Anlagenfläche gedeckt werden könnte, die kleiner ist "als die gesamte besiedelte Fläche in Deutschland", doch geht er offenbar von veralteten Verbrauchszahlen aus.

Ein einigermaßen hinnehmbares Konzept wäre immerhin, wenn man den Verkehr durch photovoltaische Tunnel laufen ließe; zum Auftanken bräuchte man dann nur kurz an den Steckdosen der Anlage in der Tunnelwand oder ihrer Tragkonstruktion anhalten.


zum nächsten Kapitel  


©  Stephan Theodor Hahn, Bad Breisig, am 8.8.2012 (revidierte Fassung)





Thema Umwelt