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Tourismus an der französischen Mittelmeerküste


Der scheinbare Wohlstand dieser Region gründet sich sicher auf einen touristischen Ruf, der vor allem von der Regenbogenpresse gepflegt wurde.

Inzwischen könnte man aber behaupten, dass es heute in der Erholungslandschaft um St. Tropez keine Touristen mehr gibt, sondern nur noch Franzosen, die etwas mehr dafür zahlen, sich hier eine repräsentative Residenz einzurichten, wenn sie diese auch nur saisonal bewohnen.
Die hiesige Wirtschaft lebt von dieser Klientel, nicht von den Touristen, schon gar nicht den ausländischen.






Immerhin haben sich Tourismus- und Immobilien-Boom gegenseitig verstärkt, ohne dass es dafür unbedingt eine reelle Grundlage gab. Die Epoche, in welcher die Riviera geeignet für einen Kuraufenthalt war, ist jedenfalls sicher vorbei.

Daher weckt die Vorstellung in mir nur Mitleid und Schadenfreude, wenn ich mir die Sommer-Saison ausmale, in der Abertausende motorisierter Urlaubsgäste zu den Stehplätzen an den nur wenige Meter breiten Stränden drängen oder auf Restaurationen ausweichen müssen, die den übrigen Raum einnehmen.






Frankreich ist schon immer das wichtigste Reiseziel der Franzosen selbst gewesen. Der Hang zum Sommerhaus ist in Frankreich mit seiner Vielfalt an unterschiedlichen Klimaten, Landschaften und Küsten sicher größer und hat eine längere Tradition als in irgend einem anderen Land.






Wenn man sich mit den Branchen-Schlagworten zu den Attraktionen der Côte d'Azur zufrieden geben würde - strahlende Sonne, azurblaues Meer, südliche Vegetation -, müsste es eigentlich zum Besten für die Tourismus-Branche stehen. Und als zusätzliche Attraktionen kann die Mittelmeerküste ja eine bis zum Exzess betriebene Immobilienspekulation und Automobilisierung bieten.

Ein Übermaß an Sonne und Autos kann die Erholung aber auch beeinträchtigen, die Strände am azurblauen Meer sind nicht der Rede wert, und die südlichen Pflanzen befinden sich überwiegend auf Privatgrundstücken, so dass man sie nur als Zaungast bewundern kann.

Nutznießer der Feriengäste an der Côte du Var sind also eher die Immobilien- und Bauwirtschaft als Hoteliers und Gastronomen.

Eine wichtige touristische Funktion nimmt höchst wahrscheinlich der Wassersport ein: ein Segelboot oder die repräsentative Yacht erzeugen vielleicht eine engere Bindung an die Sommerfrische an der Küste als alles andere.






Im Zusammenhang mit dem internationalen Tourismus soll weltweit auch ein Verlust traditioneller Werte festzustellen sein: Tourismus erzeugt Geschäftemacherei, Betrug und die Prostitution der Einheimischen.

Eine durchaus angemessene Praxis ist die Vortäuschung der Welt, die der Feriengast vorzufinden erwartet: an der Mittelmeerküste wären das ärmliche Fischerdörfer, in deren engen Gassen tolldreiste  Gastronomen  leckere Gerichte hervorzaubern.


Tourismus ist aber auch eine Einrichtung, um in bestimmten Zonen deutlich höhere Preise zu erzielen als an den Orten des Alltagslebens; dies hat sicher keine therapeutische Funktion zur Verbesserung der Erholungswirkung, sondern dient einzig und allein dazu, die allgemeine Preisspirale anzukurbeln.




Tourismus ist auch zum Inbegriff dafür geworden, sein Geld mit hohen Preisen für normale bis miese Dienstleistungen zu verdienen. In der maroden Bausubstanz von St. Tropez lauern überall Boutiquen mit den "Markenprodukten" der Modebranche.

Schon in der Nebensaison ist allenthalben ein böswilliger Missbrauch der hilflosen Fremden zu spüren, der allerdings eher strukturbedingt ist. Meine diesjährigen Erfahrungen besonders in St. Raphael, dem Verkehrsknotenpunkt der Region mit einem entsprechenden Bahnhof, haben den Verdacht in mir geweckt, dass die endlosen Reihen von Buden und Cafés an den Uferpromenaden, zu denen sich unverbesserliche Optimisten möglicherweise flüchten, um sich die Beine zu vertreten, einzig und allein nur dem Zweck dienen, diese Passanten zusätzlich durch indiskutable Produkte und Dienstleistungen zu strafen. Natürlich gibt es hier auch Eisverkäufer, die für eine Kugel 2 € verlangen, nach deren Verzehr einem garantiert stundenlang übel ist - unter Umständen aber auch tagelang.





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